Außer Frage steht, dass der Fachkräftemangel in der Pflege ein gravierendes Ausmaß angenommen hat. Aktuell fehlen zur ausreichenden Versorgung bereits mehrere Hunderttausende qualifizierter Mitarbeiter, wobei die Perspektiven alles andere als rosig sind: Laut Statistischem Bundesamt wird der Bedarf bis 2049 um ein Drittel – das entspricht 2,15 Millionen Stellen – ansteigen.
Kliniken, ausgestattet mit hohen Budgets und oftmals unter Einbezug durchdachter Strategien, sind für kleinere Betriebe zu einer echten Konkurrenz im Wettbewerb um Fachpersonal avanciert.
Entsprechend bedarf es gezielter Maßnahmen, damit Altenheime, Pflegeeinrichtungen sowie Pflegedienste nicht Gefahr laufen, zukünftig kaum mehr dringend benötigte Mitarbeiter für sich gewinnen zu können.
Florian Ngjela, Mitgründer und Geschäftsführer von MedArbeiter, ist Experte im Bereich Personalakquise in der Pflege.
Unter Einbezug seiner langjährigen Erfahrung und vor dem Hintergrund tiefen Branchenwissens unterstützt er kleine und mittelständische Betriebe dabei, sich in diesem stark umkämpften Markt vernünftig zu positionieren und somit qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren.
Nach seiner Auffassung liegt der Grund für die bessere Performance von Kliniken klar auf der Hand: „Große Krankenhäuser und Konzerne haben längst erkannt, dass sie sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren müssen – und setzen das professionell um“.
In diesem Kontext stellt der Fachmann in Sachen Mitarbeitergewinnung fest, dass kleinere Einrichtungen teilweise noch nicht die Brisanz dieser Thematik verstanden haben.
Massive Fehler von Unternehmen, die in der Pflegebranche tätig sind
Welche Umstände lassen Pflegebetriebe und Dienstleister tatsächlich zurückfallen, wenn es um die Anwerbung von Fachkräften geht? Florian Ngjela nennt die drei größten Mankos:
Fehlendes Arbeitgebermarketing
Viele kleine und mittelständische Einrichtungen betreiben ebenso wie Pflegedienste kein aktives Employer Branding. Sie verlassen sich auf klassische Annoncen und hoffen darauf, dass sich geeignete Bewerber melden. Doch das reicht längst nicht mehr aus.
„Häufig wird dem Irrglauben verfallen, eine Stellenanzeige reicht aus. Doch Pflegekräfte wollen spüren, wie es wirklich ist, hier zu arbeiten“, betont Florian Ngjela.
Ein effektives Arbeitgebermarketing bedeutet, sich über soziale Medien, Karriereseiten und gezielte Kampagnen als attraktives Unternehmen zu präsentieren, authentische Einblicke in den Alltag zu geben und die Stärken eines überschaubaren beruflichen Umfelds klar herauszustellen.
Bewerbungsgespräche wie vor 20 Jahren
„Noch vor 20 Jahren mussten sich Kandidaten beim Unternehmen bewerben. Heute ist es andersherum. Der Arbeitgeber muss sich dem Bewerber anbieten.“
Florian Ngjela weiß, dass viele Pflegebetriebe die Interviews mit den Interessenten noch nach klassischen Mustern führen: Statt den Fokus darauf zu richten, die Fachkraft für sich zu gewinnen,
werden kritische Fragen gestellt. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels hat sich das Blatt gewendet – potenzielle Mitarbeiter werden mit verlockenden Angeboten geradezu überhäuft und es bedarf intensiver Überzeugungsarbeit, sie für sich vereinnahmen zu können.
„Früher konnte sich ein Arbeitgeber seine Pflegekräfte aussuchen. Allerdings hat sich der Markt verändert – und viele haben diesen Wandel nicht verstanden“, betont Florian Ngjela.
Keine klare Positionierung gegenüber Mitbewerbern
Während Kliniken mit Verdienstmöglichkeiten, spannenden Patientenfällen und strukturierten Karrierewegen ködern, können kleinere Pflegeunternehmen mit Vorteilen wie einer persönlichen Atmosphäre, flexiblen Arbeitszeiten und dem direkten Kontakt zur Führungsebene punkten. Oftmals fehlt es jedoch an einer aktiven Kommunikation ebendieser Stärken.
Allerdings sind gerade eine eindeutige Positionierung sowie ein zielgerichteter Austausch von Informationen entscheidend.
Mit dem Versäumnis einer transparenten Darstellung aller individuellen Leistungsmerkmale überlassen die Betriebe das Feld denjenigen, die mit ihrer Größe trumpfen. Wesentlich ist, die spezifischen Stärken zu betonen, um sich als echte Alternative aufzustellen.
Maßnahmen zur erfolgreichen Behauptung im Wettbewerb um Pflegefachkräfte
Authentisches Employer Branding aufbauen
Eine starke Arbeitgebermarke ist für Betriebe der Pflegebranche essenziell. „Die Branche ist ein Haifischbecken und wer hier Erfolg haben möchte, muss ganz genau verstehen, was für Pflegekräfte ansprechend ist. Unprofessionelle Bilder sind das nicht: Sie langweilen Interessenten nur und erreichen das genaue Gegenteil“, stellt Ngjela klar.
Über eine zeitgemäße sowie authentische Online-Präsenz wird potenziellen Bewerbern die Attraktivität des Unternehmens nahegebracht. Im Vordergrund stehen eine ansprechende Website und die systematische Nutzung von sozialen Medien, um die Firmenkultur greifbar werden zu lassen.
Geeignete Kandidaten gezielt ansprechen
Klassische Stellenanzeigen reichen bei Weitem nicht mehr aus, um die besten Talente zu gewinnen. „Niemand bewirbt sich auf ein Inserat, das wie 100 andere aussieht. Entscheidend ist es, sichtbar und ansprechend aufzutreten“, erklärt Ngjela.
Wer sich nicht von seiner Konkurrenz abhebt, der verliert den Wettkampf um gute Fachkräfte. “Früher als fast niemand Werbekampagnen schaltete, hat das funktioniert – aber die Zeiten sind vorbei.”
Spezialisiertes Social Recruiting, also die bewusste Ansprache von Bewerbern über soziale Medien und andere digitale Kanäle, ist eine Schlüsselstrategie, um an geeignete Fachkräfte heranzutreten und eine emotionale Verbindung aufzubauen.
Bewerbungsgespräche als Verkaufsprozess verstehen
Erfolgreiche Pflegebetriebe setzen inzwischen auf moderne Bewerbungsprozesse, die auf Verkäufer-Techniken basieren.
Interviews mit Kandidaten sind heutzutage nichts anderes als Verkaufsgespräche, da guten Pflegekräften heutzutage eine Vielzahl von Arbeitgebern zur Auswahl steht, andersherum jedoch ein Mangel herrscht.
Unternehmen der Pflegebranche sollten lernen, ihre Position in einem stark veränderten Markt zu verstehen und proaktiv die eigenen Stärken und Vorzüge zu präsentieren.
„Ein Bewerbungsgespräch ist kein klassisches Auswahlgespräch mehr. Es muss aufgebaut sein wie ein Verkaufsdialog. Arbeitgeber müssen sich Techniken aneignen, um sich verkaufen zu können“, so Florian Ngjela.
Statt sich nur als Auswahlkomitee zu sehen, sollten die Pflegeeinrichtungen und Firmen prüfen, wie sie sich selbst überzeugend darzustellen vermögen.
Mitarbeiterbindung aktiv gestalten –
Abseits der Rekrutierung neuer Fachkräfte ist die langfristige Mitarbeiterbindung von erheblicher Relevanz. „Wir bringen unseren Kunden bei, wie man nicht nur Bewerbungen bekommt, sondern auch Mitarbeiter langfristig bindet“, so Ngjela.
Um talentierte Angestellte dauerhaft zu binden, müssen die Einrichtungen und Unternehmen eine gute Arbeitsatmosphäre schaffen. Hierzu zählen Führungsstil sowie Wertschätzung, wenngleich Weiterbildungsangebote ebenfalls nicht fehlen dürfen.
Diese Faktoren sind oft entscheidender als monetäre Anreize: „Die besten Pflegekräfte wechseln nicht für 100 Euro mehr, sondern für ein gutes Arbeitsklima, ein starkes Team und langfristige Entwicklungsmöglichkeiten“, betont Experte Florian Ngjela.
Die vorgenannten Maßnahmen sind probate Mittel, damit sich kleinere Firmen und Betriebe in der Pflegebranche erfolgreich im Wettbewerb um Fachkräfte behaupten.
Mit zielgerichteten Strategien erhält der Ansatz zur Mitarbeitergewinnung frischen Rückenwind und kann die langfristige Bindung von Personal sowie deren Zufriedenheit massiv begünstigen.
Fazit
Der Fachkräftemangel im Pflegebereich stellt keine vorübergehende Krise, sondern eine Wende dar. „Jetzt ist der letzte Zeitpunkt für Pflegeeinrichtungen, ein funktionierendes System für die Personalakquise zu etablieren.
„In ein paar Jahren wird es ohne moderne Strategien fast unmöglich sein, noch Personal zu finden“, resümiert Florian Ngjela.
Kleine und mittelständische Einrichtungen müssen ebenso wie Krankenhäuser aktiv werden, bevor der Markt sie überholt. Denn viele große Kliniken denken immer noch, dass sie aufgrund ihrer Vergütung attraktiv erscheinen.
Wer das erkennt und stattdessen in ein effizientes Personalmarketing investiert, auf durchdachte Strategien und gekonnte Teamführung achtet, der kann sich gegen seine Konkurrenz behaupten.




