Alle Geschäfte, die ihre Waren in kleinen Mengen direkt an die Endkunden verkaufen, gehören zum Einzelhandel. Die Palette der Geschäfte ist breit gefächert. Neben kleinen inhabergeführten Läden gehören auch größere Ladenketten, Warenhäuser, Kaufhäuser, Supermärkte und Discounter zum Einzelhandel. Das erklärt auch, dass im Einzelhandel unterschiedliche Kündigungsfristen gelten. Wichtig ist jedoch, dass Arbeitgeber bei der Kündigung von Mitarbeitern die Mindestvorgaben beachten. Auch Mitarbeiter, die kündigen möchten, müssen über die Kündigungsfristen Bescheid wissen.
Welche Kündigungsfrist gilt im Einzelhandel?
Eine pauschale Aussage über die Kündigungsfrist im Einzelhandel ist nicht möglich. Die Kündigungsfrist hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- gesetzliche Mindestvorgaben
- geltender Tarifvertrag
- Regelungen im Arbeitsvertrag
Weiterhin hängt die Kündigungsfrist von der Betriebszugehörigkeit ab. Auch die ausgeübte Tätigkeit spielt eine Rolle. Einer Aushilfe im Einzelhandel kann häufig kurzfristig gekündigt werden.
Gesetzliche Kündigungsfrist im Einzelhandel
Die gesetzliche Grundlage für die Kündigungsfrist im Einzelhandel ist Paragraf 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die dort festgelegten gesetzlichen Kündigungsfristen gelten nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für alle anderen Bereiche. Die gesetzliche Kündigungsfrist ist von der Betriebszugehörigkeit abhängig.
Die Tabelle zeigt die Kündigungsfristen abhängig von der Dauer der Beschäftigung:
Beschäftigungsdauer | Kündigungsfrist |
bis zu 6 Monaten, auch in der Probezeit | 2 Wochen zu jedem beliebigen Tag |
7 Monate bis zu zwei Jahren | 4 Wochen bis zum 15. eines Monats oder zum Monatsende |
2 bis 5 Jahre | 1 Monat zum Monatsende |
5 bis 8 Jahre | 2 Monate zum Monatsende |
8 bis 10 Jahre | 3 Monate zum Monatsende |
10 bis 12 Jahre | 4 Monate zum Monatsende |
12 bis 15 Jahre | 5 Monate zum Monatsende |
15 bis 20 Jahre | 6 Monate zum Monatsende |
ab 20 Jahre | 7 Monate zum Monatsende |
Im Arbeitsvertrag kann eine Kündigungsfrist vereinbart sein, die von der gesetzlichen Kündigungsfrist abweicht. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter dadurch nicht schlechter gestellt werden. Arbeitgeber dürfen die Kündigungsfrist verlängern, aber auf keinen Fall verkürzen. Für Arbeitnehmer kann eine kürzere Kündigungsfrist gelten. So können Arbeitnehmer mit einer langen Betriebszugehörigkeit selbst auch kurzfristig kündigen, wenn sie entsprechende Gründe wie einen Umzug oder eine andere Arbeitsstelle haben.
Eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist kann im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag auch für die Probezeit festgelegt werden. Der Arbeitnehmer darf auch hier nicht schlechter als bei der gesetzlichen Kündigungsfrist gestellt sein. Die Dauer der Probezeit darf sechs Monate nicht überschreiten.
Die Kündigungsfrist für Aushilfen im Einzelhandel ist in Paragraf 622 Absatz 5 BGB geregelt. Besteht das Arbeitsverhältnis nicht länger als drei Monate, ist die Aushilfskraft mit einer Frist von weniger als vier Wochen kündbar.
Tarifliche Kündigungsfrist im Einzelhandel
Gilt ein Tarifvertrag, kann die Kündigungsfrist von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Wichtig ist, dass die Mindestvorgaben eingehalten werden. Die Bedingungen im Tarifvertrag müssen für die Arbeitgeber günstiger sein als die gesetzlichen Regelungen.
Nicht überall im Einzelhandel gilt ein Tarifvertrag. Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber müssen tarifgebunden sein, damit ein Tarifvertrag gilt. Gibt es einen Tarifvertrag, muss im Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag hingewiesen werden. Der Tarifvertrag muss als allgemeinverbindlich erklärt worden sein. In einem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereitgestellten Verzeichnis sind die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge gelistet.
Bei den Tarifverträgen handelt es sich um Manteltarifverträge. Sie gelten langfristiger als Lohn- und Gehaltstarifverträge. In den einzelnen Bundesländern gelten unterschiedliche Tarifverträge. Die Tarifverträge im Einzelhandel beziehen sich immer auf das Bundesland, in dem sich das Unternehmen befindet.
Das Beispiel des Manteltarifvertrags für die Beschäftigten des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zeigt, dass sich die Kündigungsfrist laut Tarifvertrag von der gesetzlichen Kündigungsfrist unterscheiden kann:
- die Grundkündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalendermonats
- einzelvertragliche Abweichungen bei der Kündigungsfrist sind möglich, doch darf eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende nicht unterschritten werden
- bei einer Betriebszugehörigkeit von fünf bis acht Jahren gilt eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende
- bei einer Betriebszugehörigkeit von acht bis zehn Jahren muss eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende eingehalten werden
- beträgt die Beschäftigungsdauer zehn bis zwölf Jahre, gilt eine Kündigungsfrist von fünf Monaten zum Monatsende
- bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zwölf Jahren liegt die Kündigungsfrist bei sechs Monaten zum Monatsende
Die Regelungen im Manteltarifvertrag für Beschäftigte im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen unterscheiden sich auch für die Probezeit. Die Probezeit darf in der Regel nicht länger als drei Monate sein. Die Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt zwei Wochen. Wird in Ausnahmefällen eine Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten vereinbart, beträgt die Kündigungsfrist in der über die drei Monate hinausgehende Zeit vier Wochen zum Monatsende.
In anderen Bundesländern können andere Tarifverträge mit anderen Kündigungsfristen gelten. Die Kündigungsfristen laut Tarifvertrag können den gesetzlichen Kündigungsfristen ähneln.
Abweichende Regelungen bei der Kündigungsfrist
Die Regelungen für die Kündigungsfrist im Einzelhandel gelten nicht, wenn es sich um eine außerordentliche Kündigung handelt. Der Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer aus schwerwiegenden Gründen außerordentlich kündigen und muss keine Kündigungsfrist einhalten. Auch Arbeitnehmer können außerordentlich kündigen und müssen keine Frist einhalten, wenn dafür triftige Gründe wie eine Gefährdung der Gesundheit, Mobbing oder Diskriminierung vorliegen.
Abweichungen von der gesetzlichen Kündigungsfrist sind auch möglich, wenn sich das Einzelhandelsunternehmen in Insolvenz befindet.
Quellen:
- https://www.arbeitsrechte.de/kuendigungsfrist-einzelhandel/
- https://www.handelsblatt.com/karriere/kuendigung-das-sind-die-kuendigungsfristen-fuer-arbeitnehmer-und-arbeitgeber/27708884.html
- https://www.arbeitsrecht-berlin.de/kuendigung/kuendigungsfrist-arbeitsrecht/massgebliche-kuendigungsfrist/kuendigungsfrist-tarifvertrag-einzelhandel-berlin/
- https://www.verdi.de/themen/recht-datenschutz/++co++5828b334-6ec7-11ec-bbfb-001a4a160129
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19179/einzelhandel/
- https://www.finanztip.de/arbeitsrecht-kuendigungsfrist/
- https://www.personio.de/hr-lexikon/kuendigungsfrist-und-ihre-grenzen/
- https://www.rechtsrat.ws/tarif/einzelhandelnrw/11.htm