Viele Handwerksbetriebe stehen vor einem paradoxen Problem: Die Nachfrage ihrer Kund:innen ist hoch, ihre Auftragsbücher sind gut gefüllt − doch das nötige Personal fehlt.
Fachkräfte sind knapp, Bewerbungen bleiben aus, und die Belastung für bestehende Teams steigt kontinuierlich. Was in den vergangenen Jahren noch als temporäre Herausforderung galt, entwickelt sich inzwischen zu einem strukturellen Problem.
Die entscheidende Frage lautet daher: Wie gelingt es den Betrieben heute, Mitarbeitende zu gewinnen und diese langfristig zu binden?
Der Fachkräftemangel verschärft sich
Das ifo-Institut zeigt in seiner jüngsten Erhebung, dass Anfang 2025 fast die Hälfte der Handwerksbetriebe ihre Geschäftstätigkeit durch fehlendes Personal als eingeschränkt sieht. Besonders deutlich spüren Bau- und Ausbaugewerke sowie Elektrobetriebe die Engpässe.
Die Folgen bestehen in verzögerten Projekten, abgelehnten Aufträgen und einem wachsenden Druck auf die vorhandenen Teams. Für viele Unternehmen liegt darin längst mehr als nur eine Frage der kurzfristigen Organisation. Es handelt sich um eine grundlegende Herausforderung, die über die Zukunftsfähigkeit des Betriebs entscheidet.
Neue Wege in der Mitarbeitersuche
Die traditionellen Stellenanzeigen in der Lokalzeitung oder auf allgemeinen Jobbörsen reichen heute kaum noch aus. Die potentiellen Bewerber:innen informieren sich in erster Linie digital. Sie erwarten außerdem schnelle Rückmeldungen und klare Informationen zu den Arbeitsbedingungen, die sie erwarten..
Betriebe, die ausschließlich auf klassische Formate setzen, laufen deshalb Gefahr, unsichtbar zu bleiben. Aus diesem Grund sind zielgerichtete Strategien nötig, wie zum Beispiel die Ansprache über branchenspezifische Plattformen oder Kooperationen mit regionalen Bildungseinrichtungen.
Ergänzend dazu bietet sich die Zusammenarbeit mit professionellen Partnern an, die auf die professionelle Fachkräftevermittlung spezialisiert sind. Sie erschließen auch Zugänge zu Bewerbergruppen, die ein Betrieb allein nur schwer erreichen würde.
Mitarbeiterbindung durch angenehme Unternehmenskultur
Neue Mitarbeitende zu finden ist die eine Sache ‒ sie im Betrieb zu halten noch einmal eine andere. In Zeiten knapper Ressourcen ist die langfristige Bindung jedoch fast wichtiger als die Rekrutierung selbst.
Viele Handwerker:innen achten mittlerweile verstärkt auf ein respektvolles Miteinander, eine transparente Kommunikation und die Möglichkeit, Verantwortung im Betrieb zu übernehmen. Ein wertschätzendes Betriebsklima entscheidet daher maßgeblich darüber, ob die Mitarbeitenden auch langfristig bleiben.
Betriebe, die an diesem Punkt gezielt ansetzten, steigen sowohl die Loyalität als auch die Attraktivität für ihre künftigen Bewerber:innen.
Weiterbildung als Investition in die Zukunft
Die technische Entwicklung im Handwerk verläuft rasant. Photovoltaik, Wärmepumpen und digitale Steuerungssysteme erfordern Qualifikationen, die vor wenigen Jahren noch keine Rolle spielten.
Investieren Handwerksbetriebe in entsprechende Weiterbildungen, sichern sie sich doppelt ab: Sie stärken auf der einen Seite ihre Wettbewerbsfähigkeit und bieten auf der anderen auch ihren Mitarbeitenden eine klare Perspektive.
Weiterbildung ist damit mehr als nur ein Kostenfaktor. Sie wirkt als wichtiges Signal, dass der Betrieb in seine Teams investiert und ihnen langfristige Chancen eröffnet. Dieses Versprechen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Fachkräfte bleiben und nicht zu einem Konkurrenten wechseln.
Arbeitsbedingungen mit Augenmaß gestalten
Neben der Qualifizierung und der Unternehmenskultur spielen jedoch auch die grundlegenden Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle.
Flexible Arbeitszeitmodelle, klare Regeln im Umgang mit Überstunden sowie eine moderne Ausstattung sind Faktoren, die im Wettbewerb um Fachkräfte zunehmend ins Gewicht fallen. Vor allem die jüngere Generation achtet mittlerweile stärker auf eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Betriebe, die darauf reagieren, erhöhen somit ihre Attraktivität. Bereits kleine Schritte – beispielsweise verlässliche Arbeitszeitpläne oder transparente Absprachen – sind entscheidend, um im Vergleich mit anderen Arbeitgebern positiv hervorzustechen.
Strategisches Handeln ist gefragt
Der Fachkräftemangel im Handwerk wird nicht von allein verschwinden. Umso wichtiger ist es, dass Betriebe ihre Personalfragen nicht als nebensächliches Thema betrachten, sondern als entscheidende strategische Aufgabe.
Werden klare Strukturen für die Gewinnung und die Bindung von Mitarbeitenden geschaffen, ergibt sich ein entscheidender Vorteil. Dazu gehört unter anderem, neue Rekrutierungswege zu nutzen, in die Weiterbildung zu investieren und ein Arbeitsumfeld zu etablieren, in dem Menschen gerne bleiben.
Die Erfahrung zeigt: Dort, wo diese Faktoren berücksichtigt werden, entsteht ein stabiles Fundament für die Zukunft des Betriebs.