BusinessBildung

Gesetzlicher Urlaubsanspruch: Die zehn größten arbeitsrechtlichen Irrtümer zum Urlaub

Im Bereich des Arbeitsrechts kursieren zahlreiche Missverständnisse und Halbwahrheiten rund um das Thema Urlaub. Diese können sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer zu Unsicherheiten und Konflikten führen.

Der folgende Artikel beleuchtet die zehn größten Irrtümer und klärt über die tatsächlichen gesetzlichen Regelungen auf, um ein besseres Verständnis und Rechtssicherheit zu schaffen.

Gesetzlicher Urlaubsanspruch: 10 arbeitsrechtliche Irrtümer zum Urlaub

urlaubsanspruch recht

Irrtum 1: Resturlaub verfällt automatisch am 31. März

Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der bezahlte Urlaub grundsätzlich im laufenden Urlaubsjahr genommen werden.

Wie Stephan Labitzke, Anwalt für Arbeitsrecht in Plauen, erklärt können in Ausnahmefällen, wie bei dringenden betrieblichen Erfordernissen oder persönlichen Gründen, verbleibende Urlaubstage auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen werden und müssen bis zum 31. März in Anspruch genommen werden.

Danach verfallen die restlichen Urlaubstage. Eine entscheidende Bedingung gilt hierbei: Der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, das Personal rechtzeitig und klar über den Verfall des Urlaubsanspruchs zu informieren.

Wird diese Information unterlassen, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen und verfällt nicht.

Irrtum 2: In der Probezeit gibt es keinen Urlaub

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass während der Probezeit kein Anspruch auf Urlaub besteht. Tatsächlich steht nach dem Bundesurlaubsgesetz jedem Arbeitnehmer auch in der Probezeit ein anteiliger Urlaubsanspruch zu.

Der volle Jahresurlaub wird zwar erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit erreicht, doch bereits vor diesem Zeitpunkt entsteht ein Anspruch auf Urlaubstage. Für jeden vollen Kalendermonat im Unternehmen ergibt sich ein Zwölftel des Jahresurlaubs.

Diese Regelung bedeutet, dass Urlaub in der Probezeit grundsätzlich gewährt werden muss, auch wenn dies möglicherweise nicht gerne gesehen wird.

Irrtum 3: Arbeitgeber können Urlaub jederzeit abbrechen

Es herrscht oft der Irrglaube, dass Arbeitgeber den Urlaub ihrer Mitarbeiter jederzeit abbrechen können. Dies ist jedoch nur in extremen Ausnahmefällen erlaubt.

Gemäß dem Bundesarbeitsgericht darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nur aus zwingenden betrieblichen Gründen aus dem Urlaub zurückholen, wenn keine andere Lösung möglich ist. Solche Fälle liegen nur dann vor, wenn das Wohl des Unternehmens ernsthaft gefährdet ist.

In diesem Szenario übernimmt der Arbeitgeber die Stornokosten der Reise.

Irrtum 4: Langzeitkranke verlieren ihren Urlaub sofort

Es besteht oft der Irrglaube, dass Urlaubsansprüche bei langer Krankheit vollständig verfallen. Nach geltendem Recht verfällt der Resturlaub jedoch erst 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Zudem hat das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Arbeitnehmern in dieser Hinsicht gestärkt. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre langzeiterkrankten Mitarbeiter auf den drohenden Verfall ihrer Urlaubsansprüche hinzuweisen.

Erfolgt dieser Hinweis nicht, bleibt der Urlaubsanspruch auch über die 15-Monats-Frist hinaus bestehen.

Irrtum 5: Urlaubstage müssen aufgeteilt werden

Ein häufiger Irrtum ist, dass der Jahresurlaub nicht am Stück genommen werden darf. Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz haben Arbeitnehmer das Recht, selbst zu entscheiden, wann und wie sie ihren Urlaub nehmen möchten.

Dies bedeutet, dass ein Urlaub von beispielsweise vier Wochen am Stück grundsätzlich zulässig ist. Der Arbeitgeber muss diese Entscheidung akzeptieren, es sei denn, es sprechen dringende betriebliche Gründe dagegen.

Solche betrieblichen Gründe können vorliegen, wenn zu viele Mitarbeiter gleichzeitig Urlaub nehmen und dadurch der Betriebsablauf erheblich gestört wird. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber das Recht, den Urlaubsantrag abzulehnen, muss jedoch eine genaue Begründung liefern.

Irrtum 6: Resturlaub verfällt automatisch nach drei Jahren

Ein häufiges Missverständnis ist, dass Resturlaub automatisch nach drei Jahren verfällt. Dies trifft jedoch nur zu, wenn der Arbeitgeber seine Angestellten rechtzeitig auffordert, den Urlaub zu nehmen und sie deutlich auf die drohende Verjährung hinweist.

Im Dezember 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber eine aktive Rolle übernehmen muss, um die Verjährung zu ermöglichen.

Erfolgt keine rechtzeitige Aufforderung und Warnung, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen, selbst wenn er mehrere Jahre zurückliegt.

Irrtum 7: Führungskräfte dürfen im Urlaub nicht abschalten

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Führungskräfte während ihres Urlaubs ständig erreichbar sein müssen. Wie businessguide.ch berichtet, haben tatsächlich auch leitende Angestellte das Recht auf vollständige Erholung und Nichterreichbarkeit im Urlaub.

Das Ziel des Urlaubs ist es, den Arbeitnehmern eine echte Auszeit vom Arbeitsalltag zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Position im Unternehmen.

Trotz dieser rechtlichen Grundlage ist es in der Praxis häufig anders. Viele Führungskräfte fühlen sich gezwungen, erreichbar zu bleiben, da dies als notwendig für ihre berufliche Weiterentwicklung angesehen wird. Dennoch ist es rechtlich nicht erforderlich, im Urlaub für dienstliche Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.

Irrtum 8: Erkrankung im Urlaub führt zum Verfall der Urlaubstage

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Urlaubstage verfallen, wenn man im Urlaub krank wird. Tatsächlich werden die Urlaubstage wieder gutgeschrieben, wenn eine Erkrankung vorliegt, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führt.

Voraussetzung hierfür ist ein ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Die Urlaubstage gelten in diesem Fall als nicht genommen.

Allerdings führt nicht jede Krankheit automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit. Es kommt darauf an, ob die Erkrankung den Arbeitnehmer daran gehindert hätte, seine beruflichen Tätigkeiten auszuüben.

Beispielsweise könnte eine Verletzung am Finger für jemanden, der keine manuellen oder schreibenden Tätigkeiten ausführt, nicht als Arbeitsunfähigkeit anerkannt werden.

Irrtum 9: Urlaubsanspruch beginnt neu beim Jobwechsel

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass beim Wechsel des Arbeitgebers ein neuer Jahresurlaub entsteht. Nach dem Bundesurlaubsgesetz sind doppelte Urlaubsansprüche ausgeschlossen.

Ein Arbeitnehmer kann beim neuen Arbeitgeber nicht zusätzlich zum bereits genutzten Urlaub beim vorherigen Arbeitgeber neuen Urlaub beanspruchen. Der neue Arbeitgeber berücksichtigt die bereits genommenen Urlaubstage des alten Arbeitsverhältnisses.

Es ist jedoch möglich, dass der neue Arbeitgeber mehr Urlaubstage als der gesetzliche Mindestanspruch gewährt. Dabei gelten die Urlaubsregelungen des neuen Arbeitgebers.

Wenn beim alten Arbeitgeber mehr Urlaub genommen wurde, als dem Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber zusteht, kann der neue Arbeitgeber diese zusätzlichen Tage nicht zurückfordern. Hat der Arbeitnehmer vor dem Wechsel noch offene Urlaubstage, werden diese in der Regel finanziell abgegolten.

Irrtum 10: Unverbrauchte Urlaubstage führen stets zur Auszahlung

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass der Arbeitgeber unverbrauchte Urlaubstage grundsätzlich auszahlt. Laut Bundesurlaubsgesetz dient der Urlaub primär der Erholung des Arbeitnehmers und soll daher in Form von Freizeit genommen werden.

Eine Auszahlung ist nur in bestimmten Fällen vorgesehen. Eine solche Auszahlung erfolgt in der Regel nur, wenn es vertraglich anders geregelt ist oder wenn der Urlaub aus betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht genommen werden kann.

Auch im Falle des Todes eines Arbeitnehmers wird der nicht genommene Urlaub ausgezahlt und geht an die Erben über. Der gesetzliche Urlaubsanspruch muss also in der Regel durch Freizeitgewährung erfüllt werden, und eine Auszahlung stellt die Ausnahme dar.

Antwort verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Next Article:

0 %