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Digitalisierungsexperten Dr. Monika Becker und Daniel Kutschenko: “KI wird Arbeitsplätze eher verändern als vernichten“

Die Künstliche Intelligenz verändert jede Branche und jedes Unternehmen von Grund auf. Doch die vielfach geäußerte Angst vor dem Jobkiller KI ist völlig unbegründet, sagen die Digitalisierungsexperten Dr. Monika Becker und Daniel Kutschenko von HAGER Executive Consulting.

Für den Erfolg von KI-Projekten nehmen sie vor allem die Führungskräfte in die Pflicht.

Sie hätten das Talent, was eine KI niemals erlernen kann: echte Empathie und die Fähigkeit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der technologischen Reise mitzunehmen. 

Arbeitsmarkt der Zukunft:

Wie sehen Sie die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt durch den Einfluss von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung? 

Daniel Kutschenko: Schon jetzt ist absehbar: Wir stehen am Anfang einer massiven Veränderung unseres Arbeitsmarktes und der Arbeitsprozesse, wie wir sie heute kennen.  

Eine aktuelle Studie der UN kommt zu dem Ergebnis, dass KI jede vierte Bürotätigkeit übernehmen und damit zu einem unersetzlichen Assistenten werden wird. 

Im Einzelnen kann dies dazu führen, dass bestimmte Berufe ersetzt und andere neu geschaffen werden, wie zum Beispiel der des Prompt Engineers. Die meisten Arbeitsplätze sind jedoch nicht eindimensional, sondern bestehen aus einem Cluster an Aufgaben und den dafür erforderlichen Kompetenzen.

Ich teile daher die Expertenmeinung, dass KI Arbeitsplätze eher verändern als vernichten wird.

Wer sich dafür interessiert, wie hoch das Risiko ist, dass der eigene Arbeitsplatz in Zukunft automatisiert wird, findet Antworten unter „Automation Risk Index“. 

Zukunftssicherung von Führungskräften:

Ki und Führungskräfte dr.monika Becker

Welche Fähigkeiten und Qualitäten sind Ihrer Meinung nach entscheidend für Führungskräfte, um in einer von KI geprägten Arbeitswelt erfolgreich zu bestehen?

Können Sie Beispiele für Führungskräfte teilen, die diese Qualitäten erfolgreich eingesetzt haben? 

Dr. Monika Becker: Die Zukunft der Arbeitswelt wird sicher stark von KI geprägt sein, aber nicht nur.

Genau bedeutsam ist, dass wir seit Längerem in einer VUCA- oder neuerdings einer BANI-Welt leben – das neue Kürzel BANI steht für „Brittle“ (brüchig), „Anxious“ (ängstlich), „Non-Linear“ (nicht-linear) und „Incomprehensible“ (unverständlich).

Unsere Umgebung ist zunehmend brüchig, von Ängsten geprägt, non-linear und unbegreiflich.

Beide Veränderungen, die technische wie die, die gesellschaftliche, erfordern, dass Führungskräfte selbst unter Unsicherheit zu Entscheidungen kommen können und persönlich resilient sind.

Es ist wichtig, dass sie ihren Mitarbeitern Orientierung geben und stabile Beziehungen zu ihren Mitarbeitern aufbauen. 

Kultureller Wandel in Unternehmen:

Welche Rolle spielt die Führung bei der Förderung von Kulturveränderungen in Unternehmen, um die Einführung von KI und Automatisierung erfolgreich zu gestalten?

Welche Qualitäten sollten Führungskräfte mitbringen, um diesen Wandel zu führen? 

Daniel Kutschenko: Die Angst vor der künstlichen Intelligenz hat teils eine übermächtige Aura.  

Umso wichtiger wird es für Führungskräfte sein, Menschen mit all ihren Ängsten und Motiven zu verstehen und mitzunehmen.  

Eine vertrauensvolle Unternehmenskultur als Basis und eine transparente Kommunikation darüber, was das Management mit KI vorhat – und was nicht – sind entscheidend. 

Sprache kann hier ein großer Hebel sein und sollte Assoziationen berücksichtigen. Formulierungen wie „Künstliche Intelligenz lernt selbstständig und könnte uns eines Tages überholen“ wecken schnell Ängste.

Hilfreich ist dagegen eine sachlichere und wertfreie Definition: „Im Kern handelt es sich um einen Algorithmus, der auf Basis von Daten Vorschläge macht“.  

Kommunikation und Veränderungsmanagement:

Wie unterstützen Sie Ihre Kunden bei der Kommunikation von Veränderungen im Zusammenhang mit KI und Automatisierung?

Können Sie Beispiele für erfolgreiche Veränderungsinitiativen und den Umgang mit Widerstand in diesem Kontext nennen? 

Dr. Monika Becker: Unsere Aufgabe ist es weniger, die Kunden direkt in der Kommunikation zu unterstützen. Wir finden für unsere Kunden Schlüsselpersonen, die KI-Initiativen im Unternehmen treiben und dabei die Mitarbeiter kommunikativ mitnehmen.

Insgesamt erleben wir aber kaum Widerstand gegen KI bei unseren Kunden.

Die Unternehmen suchen sich in der Regel im ersten Schritt konkrete, klar umgrenzte KI-Projekte aus mit einem rasch spürbaren positiven Effekt für Mitarbeiter oder Kunden. Das kommt gut an.  

Ethik und soziale Verantwortung:

Daniel kutschenko zu künstliche intelligenz

Welche Überlegungen und Empfehlungen haben Sie in Bezug auf ethische Aspekte bei der Implementierung von KI und Automatisierung in Unternehmen?

Wie kommunizieren Sie ethisches Verhalten und soziale Verantwortung mit Ihren Auftraggebern? 

Daniel Kutschenko: Ich persönlich bin der Meinung, dass – wie bei allen Zukunftstechnologien – eine Balance zwischen technologischem Fortschritt und ethischer Verantwortung angestrebt werden sollte.

Im Falle der KI-Entwicklungen gibt es derzeit jedoch noch keine starke Regulierung und Ethik wird eher als Bremsklotz in der Entwicklung gesehen und kaum berücksichtigt. 

Wir bei HAGER sehen unsere Rolle als BeraterInnen unserer KundInnen und unterstützen sie dabei, den Blick zu weiten und neue Perspektiven einzunehmen.

Konkretes Beispiel „Twin Transformation“: KI und IT im Allgemeinen können nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern auch zur Nachhaltigkeitstransformation eingesetzt werden. 

Kundenzufriedenheit:

Wie gewährleisten Sie, dass Ihre Personalstrategien und -lösungen den Bedürfnissen Ihrer Kunden entsprechen, insbesondere angesichts des sich wandelnden Arbeitsumfelds durch KI?

Können Sie Beispiele für maßgeschneiderte Lösungen für Kundenanforderungen nennen? 

Dr. Monika Becker: Eine passende Personalstrategie heißt heute nicht, eine Führungskraft mit bestimmten Fähigkeiten oder Qualifikationen zu gewinnen, die sie genauso die nächsten zehn Jahre einsetzt.

Vielmehr suchen wir nach Persönlichkeiten, die selbst lern- und veränderungsbereit sind und fähig, Veränderungen in einem Unternehmen zu treiben.

Dazu gehört Neugier, also den eigenen Markt nach Trends erforschen und kommerzieller Sinn, also die Fähigkeit, zu erkennen, ob eine Neuerung gewinnbringend für das Unternehmen umgesetzt werden kann.

Zudem braucht es häufig einen kritischen Optimismus. D.h. die Fähigkeit Neuerungen inklusive ihrer Risiken einzuschätzen und gleichzeitig die Chance von Veränderungen zu erkennen und andere, Mitarbeitende wie Kunden, in Transformationsprozessen mitzunehmen. 

Weiterbildung:

Welche Empfehlungen haben Sie für Arbeitnehmer und Manager, die ihre Fähigkeiten und Qualifikationen erweitern müssen, um in einer von KI geprägten Arbeitswelt erfolgreich zu sein?

Wie berücksichtigen Sie lebenslanges Lernen und Weiterbildung in Ihrem Beratungsansatz? 

Daniel Kutschenko: Wir beobachten, dass im Vergleich zu den USA und Asien gerade in Deutschland das Vertrauen zu KI und das Interesse, sich hierbei weiterzuentwickeln, klein sind. 

Vertrauen basiert aber auf eigenen Erfahrungen.

Daher kann ich nur dazu aufrufen, aktuelle KI-Tools einfach einmal auszuprobieren und erste eigene Erfahrungen zu sammeln. 

Auch für uns ist es essenziell, immer am Puls der Zeit zu sein. So haben wir bereits im Sommer 2023 ein eigenes HAGER GPT aufgesetzt, welches die Chat GPT Technologie mit den Anforderungen der DSGVO in Einklang bringt und arbeiten derzeit an einer übergreifenden HAGER KI-Lösung zur Orchestrierung der verschiedenen Tools. 

Als abschließende Empfehlung an die Leser und Leserinnen möchte ich jedoch noch einen anderen Aspekt ansprechen:

Was eine KI nicht kann, wird für die Führungskräfte von morgen entscheidend sein!

Sprich: 

  • Immer dann, wenn es um Empathie und Kommunikation mit den Mitmenschen geht, sind Führungskräfte gefragt. Sozusagen „am Frontend“ der menschlichen Kommunikation.  
  • Und es werden Menschen sein, die kreative Lösungen für neue, komplexe Probleme schaffen, die sich so nicht in den Datensätzen einer KI befinden.  

Kurzbeschreibung der Autoren 

Hager-Interview

Digitalisierungsexperten Dr. Monika Becker und Daniel Kutschenko. © HAGER Executive Consulting.

Dr. Monika Becker 

Director Technology & Digitalisation HAGER Executive Consulting. Monika Becker ist promovierte Psychologin und seit 2001 als Executive Search Consultant in der Technologie Branche tätig.

Zusätzlich zu ihrer Rolle bei HAGER leitet sie den globalen Sektor IT & Digitalisation von Horton International. Monika unterstützt Initiativen zur Förderung von Diversität in der IT-Industrie. 

Daniel Kutschenko  

Leiter der Business Unit IT Services & Operations bei HAGER Executive Consulting am Standort Frankfurt/M.

Durch seine frühere Arbeit im Brand Management und in zahlreichen Marktforschungen hat Daniel Kutschenko vor allem eines gelernt: Menschen und deren persönliche Motive zu verstehen.

Für seine Rolle verwendet er gerne das Bild des „Eheberaters für Manager“. 

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