Bildung

Weiterbildungsoffensive im Handwerk: Warum das Modell Hanebutt Schule machen sollte

Das deutsche Handwerk zählt zu den Branchen, die aktuell am stärksten unter Fachkräftemangel leiden. Statt die Verantwortung allein bei der Politik zu suchen, ergreift das führende Dachdeckerunternehmen Hanebutt die Initiative: Mit der Gründung eines eigenen Instituts für Weiterbildung werden sowohl der Fachkräftemangel als auch die Frage der Nachfolge proaktiv adressiert. Ein motivierendes Pionierprojekt, das auch anderen Unternehmen und anderen Branchen ein Beispiel sein sollte. 

31535 – das ist die Postleitzahl von Neustadt am Rübenberge. Eine pittoreske Mittelstadt und selbstständige Gemeinde zwischen Hannover und Bremen gelegen und Heimat für rund 45.000 Menschen. Ein schöner Ort zum Leben und Arbeiten. Und zugleich einer, der ebenso wie viele andere eher ländliche Regionen in Deutschland vor massiven Problemen steht: der zunehmenden Überalterung und dem wachsenden Fachkräftemangel. Das Unternehmen Hanebutt, mit Sitz in Neustadt am Rübenberge, Niedersachsen, beobachtet seit einiger Zeit die wachsende Diskrepanz zwischen der steigenden Nachfrage nach handwerklichen Dienstleistungen und dem rückläufigen Angebot an Fachkräften, die diese Gewerke tatsächlich ausüben können. 

Fehlende Nachfolger und 250.000 offene Stellen 

Die Hanebutt Gruppe ist ein in vierter Generation von Henning und Heiner Hanebutt familiengeführtes Dachdeckerunternehmen mit mehr als 90 Jahren Erfahrung. Das Unternehmen zählt mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verteilt auf 14 Unternehmen und neun Gewerke an zehn Standorten. Hanebutt ist nach eigenen Angaben deutschlandweit der führende Anbieter für sämtliche Arbeiten rund um die Themen Dach und Fassade, mit Großprojekten in ganz Europa. Neben dem Hauptstandort in Neustadt am Rübenberge befinden sich weitere Standorte in Berlin, Hamburg, Usedom und bei Freiburg – auch in diesen Regionen gibt es einen zunehmenden Bedarf an Fachkräften. Da nicht mehr genügend junge Menschen in den Beruf einsteigen und sie sich für andere Karrierewege entscheiden, zum Beispiel in den Ballungsräumen Berlin, Hamburg oder München.   

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) schätzt, dass in Deutschland bis zu 250.000 Handwerkerinnen und Handwerker fehlen. Hinzu kommt zahlenmäßig zurückgehendes Personal für die Nachfolge in Betrieben, die innerhalb der nächsten Jahre vor der Übergabe stehen. Aus einer Veröffentlichung des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen geht hervor, dass allein in den kommenden fünf Jahren im Handwerk etwa 125.000 Betriebe zur Übergabe anstehen. Doch es mangelt vielerorts, nicht nur in Niedersachsen, an geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern. 

Unternehmerinnen und Unternehmer nehmen die Weiterbildung selbst in die Hand 

Henning Hanebutt, Geschäftsführer der Hanebutt Gruppe

Wegbereiter für zukunftsorientierte Weiterbildung im Handwerk. Foto: Henning Hanebutt © Hanebutt GmbH

Henning Hanebutt, Geschäftsführer der Hanebutt Gruppe: „Um das Fortbestehen und den Bedarf an handwerklichen Leistungen in Zukunft nicht zu gefährden, braucht es neue Impulse, da gegenwertige Angebote nicht ausreichen.“ Der Unternehmer ist keiner, der es beim Klagen belässt oder sich auf politische Initiativen, von denen es auch viele gibt, allein verlässt. Folgerichtig nimmt Hanebutt das so drängende Thema selbst in die Hand und hat zum 1. März dieses Jahres ein eigenes Institut zur Weiterbildung von Fachkräften und damit zur Sicherung des Handwerks gegründet.  

Ziel der Institutsgründung ist es, Expertinnen und Experten im eigenen Unternehmen zu fördern und die Innovation in der Branche aktiv zu beschleunigen. Als Branchenführer geht Hanebutt damit bei diesem zentralen Thema mutig voran – und könnte damit zur Blaupause auch für andere Unternehmen nicht nur aus dem Handwerk werden.  

Hanebutt Institut startet MasterEMPOWER-Programm 

Um Fachkräfte bestmöglich einzusetzen, bedarf es eines tieferen Verständnisses für deren individuelle Bedürfnisse. Deshalb bietet Hanebutt mit dem Institut eine gezielte Aus- und Weiterbildung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung für Handwerksmeister an, um ihnen zu helfen, sich nicht nur fachlich, sondern auch individuell weiterzuentwickeln. Während der Weiterbildung liegt der Schwerpunkt auf dem unternehmerischen Wirken, der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Kalkulation und Marketingaktivitäten. Das Hanebutt Institut stellt nach Abschluss eine Zertifizierung aus. Der erste Kurs dient dabei als Einstiegsausbildung, das Zertifikatsprogramm dauert bis zu eineinhalb Jahre.  

Der erste Workshop wird vollständig digital auf Deutsch durchgeführt. Im laufenden Jahr soll es zwei MasterEMPOWER-Weiterbildungen mit jeweils zwölf bis 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern geben, die vollständig digital stattfinden. Das Kursangebot gliedert sich in drei Termine zu je zweieinhalb Tagen, über vier Monate verteilt. Zur Verdichtung der Inhalte wird es ebenfalls eine Videoakademie geben. 

„Damit der Mittelstand auch weiterhin einer der Motoren des Wirtschaftswachstums für Deutschland sein kann und dem Fachkräftemangel entgegenwirkt, ist die langfristige Perspektive entscheidend. Deswegen sollte an der Schaffung attraktiver Aus- und Weiterbildungsbildungsmöglichkeiten und rechtzeitiger Orientierung angesetzt werden und so auch die aktuelle Strukturierung von Weiterbildung und Nachfolge hinterfragt werden“, sagt Henning Hanebutt.  

Neben Henning und Heiner Hanebutt als gelernten und langjährigen Dachdeckermeistern mit mehr als 30 Jahren Erfahrung wird auch Sandra Hanebutt als Deep O.C.E.A.N. Expertin den Teilnehmenden mit ihrer Expertise zur Seite stehen. Sie fokussiert sich auf das Thema Persönlichkeitsentwicklung. 

Um die Zukunft des Handwerks zu sichern, betreibt Hanebutt neben dem eigenen Institut mit dem „Tragwerk“ bereits ein Programm für die fachliche Bildung in Schulen. 

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