Die aktuelle weltpolitische Lage stellt Unternehmen vor immense Herausforderungen. Fachkräftemangel im Handwerk, im Gesundheitswesen und in der Industrie sorgt für Überlastungen. Susanne Prietz, selbst Geschäftsführerin eines Gesundheitsunternehmens, sieht die aktuelle Lage angespannt: „Der Fachkräftemangel geht uns alle an. Nicht nur die Attraktivität einer Ausbildung muss gesteigert werden. Jedes Unternehmen kann selbst dafür Sorge tragen, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und für sich zu gewinnen.“ Mit welchen Herausforderungen Unternehmen zu kämpfen haben, erklärt dieser Beitrag.
Viele Branchen stehen vor großen Herausforderungen
Nicht nur im Gesundheitswesen lässt sich bereits seit einigen Jahren ein starker Fachkräftemangel verzeichnen. Auch andere Branchen, wie beispielsweise das Handwerk, suchen händeringend Auszubildende und Fachkräfte. Im Gesundheitswesen wird bereits seit einigen Jahren für Veränderung gesorgt, die langfristig eine stabilere Personalsituation gewährleisten soll.
„Gesundheit geht alle an. Deswegen muss der Staat in diesem Bereich funktionieren“, sagte der
damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und stellte einen umfangreichen Plan vor, der die Situation für Angestellte, Unternehmen und Patientinnen und Patienten verbessern sollte.
„Unterm Strich hat das die Situation nur bedingt verbessert“, erklärt Susanne Prietz, Gründerin und Geschäftsführerin der Therapiezentrum Prietz GmbH. „Kliniken, niedergelassene Ärzte und Therapeuten und viele andere Arbeitgeber suchen nach wie vor nach Fachkräften.“ Zwar finanziere Spahns Plan die Pflegepersonalkosten von Kliniken, doch MFAs und andere außerklinische Fachkräfte kämpfen häufig weiterhin um eine tarifgerechte Bezahlung. Arbeitgeber sehen sich hier mit großen Kosten konfrontiert, die sich aufgrund der angespannten Situation nicht immer rechnen.
Das Gesundheitswesen muss für Arbeitnehmer attraktiver werden
Viele langfristige Fachkräfte orientieren sich im Laufe der Zeit um. „Die Branche ist nicht für jeden das Richtige. Gerade in Kliniken kommt es häufig vor, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Zeit ausgebrannt fühlen oder die Arbeit körperlich und psychisch nicht mehr schaffen“, erklärt Frau Prietz.
Sowohl im klinischen als auch außerklinischen Bereich müssen Arbeitgeber deshalb das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Priorität machen. Gleichzeitig ist dies für viele eine schmale Gratwanderung. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärte dazu Ende 2021: „Begrenzte Personalkapazitäten fordern einen effizienten, gleichwohl bedarfsgerechten Personaleinsatz. […] Wir müssen die Attraktivität der verschiedenen Berufe daher weiter stärken.“
Bei der Landesgesundheitskonferenz NRW 2021 wurde der Beschluss gefasst, die Umsetzung der Neustrukturierung von Pflegeberufen in den Fokus zu rücken und dafür Sorge zu tragen, dass digitale Kompetenzen ausgebaut werden. Vereinfachte Prozesse wie die digitale Patientenakte tragen dazu bei, den Aufwand neben der eigentlichen Arbeit zu minimieren und den Angestellten mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit einzuräumen.
Auch Dr. Norbert Lütke-Entrup, Head of Technology bei Siemens Motion Control, erläutert, wie wichtig dies ist: „Wir brauchen eine einheitliche Akte, an der alle Teilnehmer des Gesundheitssystems partizipieren können. Und das brauchen wir ziemlich schnell.“
Gute Führungskräfte sind das A und O
Je besser der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit innerhalb eines Teams sind, desto lieber sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Teil dieses Teams. Das ist nicht nur im Gesundheitswesen so, aber gerade dort, wo viele Fachpersonen interdisziplinär zusammenarbeiten, ist eine gute, kommunikative Zusammenarbeit essenziell. „Ohne gut ausgebildete Führungskräfte funktioniert ein Team nicht. Wir müssen unsere Führungskräfte meist selbst ausbilden, um alle Fähigkeiten zu vermitteln, die wir als wichtig und notwendig erachten“, erklärt Susanne Prietz.
Studien zeigen, dass nicht jede Führungskraft alle Qualitäten mitbringt, die für ihre Aufgabe notwendig sind. Umso wichtiger ist es für Kliniken und Therapiezentren wie das von Frau Prietz, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzubilden und selbst dafür Sorge zu tragen, dass sie Führungsqualitäten erlernen. Gleichzeitig gilt es, gerade diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden.
Es braucht mehr als finanzielle Kompensation der Leistung
Gerade im klinischen Bereich fällt es Arbeitgebern schwer, die richtigen Anreize für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für Bewerberinnen und Bewerber zu schaffen. Das liegt daran, dass sie selbst keinen Anreiz darin sehen. Michael Burkhart ist Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC und erklärt: „Die Kliniken brauchen mehr Anreize, bei Medizin und Pflege zu den besten in ihrem Zuständigkeitsbereich zu gehören.“
Das bedeutet, dass es einheitlichere Finanzierungsregelungen für Krankenhäuser geben muss und überdies der Anspruch bestehen soll, beste Leistungen für Patientinnen und Patienten zu erbringen.
„In der Therapie, der Rehabilitation und der Altenpflege funktioniert immerhin die Finanzierung. Trotzdem ist es häufig schwierig, Mitarbeitern den richtigen Anreiz zu bieten“, so Susanne Prietz.
Neben einer klassischen, finanziellen Kompensation müssen Arbeitgeber ihrer Meinung nach mehr tun. „Regelmäßige Fortbildungen, ein psychologisches und sportliches Präventionsangebot und weitere Maßnahmen sind denkbar.
Dazu gehören auch die betriebliche Altersvorsorge und ein flexibles Arbeitszeitmodell.“ Wichtig ist, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich langfristig wohlfühlen und gern zur Arbeit gehen. Nur dann sind die Herausforderungen im Gesundheitswesen zu meistern.